Rund um Wien zu laufen war schon immer eine dieser meiner obskuren Ideen, die wegen logistischem und zeitlichem Aufwand wohl nie in die Tat umgesetzt worden wäre, wenn da nicht heuer auf einmal die Information durchsickerte, daß da eine neue Veranstaltung mit genau diesem Thema als Inhalt stattfinden würde: www.rundumadum.at

Ab diesem Zeitpunkt war das natürlich ein fixer Vorsatz. Und als Wiener Ultraläufer ja quasi Verpflichtung. So dachten wohl auch Erwin, der ja nach der Tour de Tirol in Hochform und -stimmung war und trotzdem langsamer mit mir mitlaufen wollte wegen der Orientierung und sogar Martin K, der sich trotz verletzungsbedingter längerer Trainingspause noch quasi in allerletzter Minute entschloss, mitzumachen - womit wir glaub ich das zahlreichst vertretene Team waren. Und viele andere wohl auch, immerhin zuletzt etwas über hundert angemeldete Teilnehmer zu einem doch eher unüblichen Termin für einen Ultralauf mit Gelände.

Im Vorfeld wurde in der Gerüchteküche "Prater Hauptallee" von anderen angehenden Teilnehmern, welche Teilstrecken abgeradfahren oder -laufen sind, verbreitet es wäre unmöglich den Weg zu finden anhand der Markierungen, was ich mir beim Ansehen der Strecke auf der Karte (viele Verschwenkungen und Zickzack-Routenführung in Siedlungen und zwischen Feldern) auch lebhaft vorstellen konnte. Ausserdem würden wir ja einen guten Teil nachts absolvieren, was die Orientierung nicht gerade erleichtern würde. Umwege will ja niemand machen, wenn´s eh schon regulär 124km mit 1500 hm sind ....

Also wurde die Stirnlampe geladen, der Rucksack gepackt (es gab verpflichtenden Inhalt desselben, was auch - mehr oder weniger, aber ist ja eigentlich eh im eigenen Interesse die wichtigesten Dinge mitzuhaben - kontrolliert wurde), mehrere Varianten der Kleidungsauswahl erwogen und wieder verworfen, trotz zunehmender Nervosität gut geschlafen und am Morgen um 6h hat mich Erwin dann netterweise mit dem Auto abgeholt und zum Start mitgenommen.

 

Start war um 7 Uhr bei Tages- anbruch und was für ein Tag war das: nach einer Nebelwoche kam schon in der Früh die Sonne durch und es sollte ein richtig schöner windstiller Herbsttag werden! Alle waren entsprechend gut drauf und hochmotiviert starteten wir drei inmitten eines großen Pulks von Läufern, der sich nur langsam auflöste. Nach kurzer Zeit gesellte sich Pascal auf einer Morgenrunde befindlich zu uns und begleitete uns entlang der Donauinsel, wo wir dann Richtung Wiener Hausberge abbogen.

Ab jetzt die nächsten 30km in Vierergruppe mit Markus, den ich im Sommer im Dirndltal "wiederkennengelernt" hatte, und der hier seinen dritten Ultra absolvierte. Bergauf gingen wir, sonst wurde gelaufen, die Gegend war noch bekannt und somit die Streckenfindung leicht, was sich aber bald ändern sollte - zwischen Hermannskogel und Hütteldorf ein paar mal gesucht und einmal kurz verlaufen - jedenfalls erreichten wir schon nach knapp 3 1/2 Stunden die erste Labestation. In Hütteldorf - witzigerweise führt der Weg direkt durch den Bahnhof, man könnte also bequem in die U4 einsteigen und heimfahren - stieß dann Wolfgang als Begleitung und Fotograf (danke für die Bilder hier) zu uns.

Der Weg war wieder leicht weil die Außenrunde um den Tiergarten hatten wir zuvor schon öfter absolviert, tags wie nachts ist das ein sehr schöner und abwechslungsreicher Geländelauf. Strecke teilweise gatschig wie immer.

 

 

 

Es zeigten sich langsam erste Ermüdungserscheinungen - ich bewunderte Martin es überhaupt bis hierher ausgehalten zu haben - und nach dem Tiergarten liefen wir dann bald  in neuer Gruppierung mit Bernhard weiter den Liesingbach entlang Richtung Wienerberg. Apropos Berg: jede Bodenerhebung mit mehr als einem Meter Höhendifferenz galt jetzt bereits als solcher und durfte daher laut temporärem Reglement gehend absolviert werden, in Zweifelsfällen wurde per Mehr- oder Minderheitsbeschluß entschieden. Und wir hatten wieder eine motivierende Begleitung, Sonja ist in diesem Abschnitt bei und mit uns gewesen !

Am Wienerberg haben wir uns dann gründlich verlaufen, viel zu weit hinauf, die Sucherei war schon nervend. Leider ging es Erwin ab diesem Zeitpunkt mit Magen und Kreislauf schlecht, wir machten zunehmend Gehpausen, und ich lief dann bergab vor zur Labestation vorm Zentralfriedhof, wo Gina - die vorhatte uns 25km bis nach Eßling zu begleiten - schon wartete. Pause bis Erwin nachkam und nach Suppe (wurde dort von den zwei sehr lieben Betreuern übrigens Brühe genannt, Stefan das wäre DER Lauf für Dich! ) auch wieder gekräftigt mitlief.

Auf der Donauinsel wurde es langsam dunkel und ab Steinspornbrücke in die Lobau hinein setzten wir die Stirnlampen auf. Sehr gut erleichterten dort die Leuchtringe um die Schilder die Orientierung und bis auf ein paarmal Unsicherheit gelangten wir zur 4. Labestation. Erwin ging es wieder schlecht und er konnte nichts zu sich nehmen, was dann bald auch aufs Tempo drückte. Gina hatte dafür spontan beschlossen Ihre erste Ultradistanz zu absolvieren (es sollten dann "aus dem Stand" gleich 55km werden !) und blieb bei uns.

Die Orientierung wurde zunehmend schwieriger weil an vielen Abzweigungen Schilder fehlten oder in die falsche Richtung zeigten und im aufkommenden Nebel die Sicht durch Eigenblendung auch nachließ. Also Karte in die Hand genommen und ständig Position verglichen, damit  war´s besser. Gespenstische Stimmung auf den Feldern, psychedelisch illuminierte Hunde, Siedlung um Siedlung, dazwischen Gstettn und leere Gewerbetriebe, kaum Menschen: ich wollte diese Gegend irgendwie so rasch als möglich hinter mich bringen und hatte einfach Lust auf Laufen. Gina war bereit mit Erwin den Weg zu finden und ich begann die letzten 25 km wieder in (relativ) flottem Tempo zu laufen, unterbrochen von ständigem Suchen nach dem richtigen Weg (war auch mal der falsche dabei). Apropos Weg: doch ganz schön "trailig" der letzte Teil, da hatte ich mehr Asphalt erwartet.

Sehr schön empfand ich dann die letzten 8 km weil wieder Waldwege und lang nicht so viel bergauf wie ich erwartet hatte. Außerdem Kellergasse also wieder "zivilisierte Gegend" in der Nacht runterlaufen machte Spass, ein paar Kellnerinnen nach Arbeitsschluss war ich offenbar nicht ganz geheuer..

Ganz witzig dann die Ankunft:

mit Flutlicht angestrahlt auf dem Sportplatzgelände mit leerem Startbogen, dort ist aber niemand, dann geht der Weg scheinbar am Gebäude vorbei - aber da ist doch nochmal so ein kleines Schild mit einem Pfeil, der zeigt auf eine verschlossene Tür, beim Nähertreten hängt drauf ein Zettel mit der Aufschrift "Ziel". Zögernd die Tür geöffnet und tatsächlich gibt´s da im Turnsaal einen "richtigen" Zieleinlauf.

Gute Verpflegung, echt warme und saubere Duschen, anschließend Plaudern und weiter eintreffende Läufer und Läuferinnen feiern. Auch Erwin kam mit treuer Begleitung ins Ziel und schaute wieder viel besser aus. Nienienie hätte ich geglaubt, daß Martin auch noch wenig später das Ziel erreichen würde. Das ist mentale Stärke ! Bei den Ausfallsraten (nicht mal 2/3 der Starter haben es geschafft) im Nachhinein unglaublich, daß wir alle 3 durchgekommen sind :-) Ich glaube die meisten haben sich so oft verlaufen bis sie völlig frustriert aufgegeben haben.

 

Erwähnen muß ich unbedingt noch die extrem netten Helfer und Helferinnen im Start-Ziel-Bereich, an den Labestellen und besonders auch die "Service-Biker" die mit Fahrrädern die ganze Nacht die Strecke abfuhren und die Teilnehmer bei Bedarf unterstützten, schon das Gefühl daß sich wer kümmert wenn man´s braucht, tat gut!

 

Resümee:

  • ideal für alle, die das Abenteuer lieben
  • super Stimmung, alles sehr relaxed
  • schlechte Markierungen, teilweise fast eher ein Orientierungslauf
  • einfach super Idee die Stadt zu umrunden

Ergebnisse und Bilder (links stammen von der rundumadum-website):

http://www.wien-rundumadum.at/home/ergebnis-124-km/

https://www.flickr.com/photos/92506334@N08/sets/72157649052619526/

https://www.flickr.com/photos/92506334@N08/sets/72157648709831448/

Bilder von Wolfgang:

https://www.facebook.com/media/set/?set=oa.795326540506303&type=1

Die Strecke zum Nachlaufen / Wandern:

http://www.gpsies.com/map.do?fileId=goqiizabrklcdtic