„Wir sehen uns in Schmiedefeld, dem schönsten Ziel der Welt!“

Die flotten DamenIm Dezember beschloss der Ehemann, am legendären Rennsteiglauf teilzunehmen. Dem Supermarathon, dem Klassischen eben.

Ob ich nicht mitmachen möchte, wollte er wissen, es gäbe ja auch kürzere Distanzen wie Marathon oder HM, z.B.  Na, ja, reizvoll klingt es schon. Nach ein paar Städtemarathons wäre ein Marathon im trailigen Gelände  einmal eine ganz andere Herausforderung für mich.

Eine E-Mail an die Laufgruppe war schnell verschickt und schon machten sich insgesamt 7 Mitglieder des noch immer nicht gegründeten Vereins ULT Heustadlwasser zumindest gedanklich auf den Weg nach Eisenach in Thüringen, und zwar 4 Herren für den SM-Marathon und 3 Damen für den Marathon. Marathon, obwohl 43,5 km lang! Die Höhenmeter nicht zu vergessen, knappe 640.

Die Zimmer wurden gebucht und das Training begonnen. Gott sei Dank hat unsere Anne rechtzeitig einen Blick ins Internet und auf den Streckenverlauf geworfen. So stellten wir nämlich fest, dass die unterschiedlichen Distanzen beim Rennsteiglauf zwar ein gemeinsames Ziel haben, aber keinen gemeinsamen Start. Während unsere Buben ihren Supermarathon in Eisenach beginnen sollten (Hallo Wartburg, Hallo Herr Luther), war für uns Mädels der Marathonstart im 120KM entfernten Neuhaus.

Also, schnell die Anreise ändern, Zimmer in Neuhaus suchen und einen Chauffeur engagieren. Womit wir mit unserem Franz die eindeutig bessere Wahl getroffen hatten als die Herren der Schöpfung. Die hatten sich auf die Bahn verlassen, sind in den GDL-Streik geraten und hatten somit schon vor dem Start einige Hürden zu bewältigen.

Also, der liebe Franz hat uns am Freitag von Wien nach Neuhaus chauffiert und uns am Samstag, dem Renntag, rechtzeitig um 8:45 Uhr an der Startlinie abgeliefert. Ich hab es fast bereut, nicht früher dagewesen zu sein, denn die Stimmung im Startgelände war sehr ausgelassen. Da wurde gesungen, geschunkelt und zu Live-Musik getanzt. Unter den Rufen des Moderators „Wir sehen uns in Schmiedefeld, dem schönsten Ziel der Welt“ machten wir uns mit rund 2000 Mitläufern auf den Weg.

Obwohl die diversen Wetterberichte hartnäckig an einem regnerischen Tag festgehalten haben, hat am Start die Sonne geschienen.

Sofia war völlig aufgeregt, es war ihr erster Marathon. Auch für Anne war es eine Premiere. Sie freute sich vor allem darüber, dass die Strecke etwas länger als die klassische Marathondistanz war und sie sich danach zu Recht zu den „Ultras“ zählen durfte. Besondere Zeitvorgaben hatten wir nicht gegeben. Wir schätzten, dass wir so zwischen 5 und 6 Stunden brauchen würden. Anne hoffte darauf, es unter 5 Stunden zu schaffen.

Vor dem Start Rennsteig

„Jede läuft ihr eigenes Tempo.“ Das war unser Leitspruch. Somit war Anne, die flotte Bergläuferin, gleich zu Beginn dahin. Sofia und ich liefen noch bis zur ersten Verpflegungsstation, die kurz nach KM 5 kam, gemeinsam und genossen den herrlichen Morgen im Thüringer Wald. Blauer Himmel, Sonnenschein, das satte Frühjahrsgrün des Waldes, es war einfach traumhaft. Nach der Verpflegungsstation verließen wir die Asphaltstraße und begaben uns auf den weichen Waldboden. Nach einem gemeinsamen Abstecher in den Busch – das sind wir von unseren Trainingsläufen her so gewohnt – haben auch Sofia und ich uns aus den Augen verloren. Sie war einfach schneller wieder auf der Laufstrecke.

Die meiste Zeit ging es auf Wanderwegen durch den Wald, mal breiter, mal schmäler. Ehe ich es mir versah, waren 10 KM um. So schnell waren die noch nie vergangen.

hoehenprofil

Bei KM 15 sagte mir ein Blick auf die Uhr – ich hatte 1,5 Stunden gebraucht – dass sich das auch für mich unter 5 Stunden ausgehen würde. Damit hatte mich jetzt der Ehrgeiz gepackt. Die KM rasten dahin, ich benötigte mal 6, mal 7, mal 8 Minuten für jeden einzelnen. Es ging bergauf, bergab, geradeaus. Plötzlich gab es einen Stau und alle standen. Was war los? Eine Treppe bergab stoppte die Läufer. Danach kam ein einige 100m langer und vor allem sehr schmaler Streckenabschnitt bergab. Da konnte man wirklich nur einzeln unterwegs sein, überholen war nicht mehr möglich. Und wenn einer ging, gingen alle. Das war hier der Fall. Ich bin zwar keine gute Bergabläuferin, aber dieses Stück hätte sogar ich laufen können, das war nicht steil. Aber die gefühlten 100 Läufer vor mir gingen alle. Damit war das wieder einmal ein 8 Minuten-KM.

Aber es war für niemanden ein Problem. Keiner hat gedrängelt, keiner hat Unruhe in den Lauf hineingebracht. Alle waren sehr entspannt. Wie überhaupt den ganzen Lauf lang. Auch bei den Verpflegungsstationen war kein Gedränge, keine Hektik, es war insgesamt sehr angenehm.

Nach 2 Stunden verschwand die Sonne und der Himmel wurde immer bedeckter. Es herrschten angenehme Lauftemperaturen und es war absolut windstill. Ganz bis ins Ziel sollte ich es aber bei diesen optimalen Bedingungen doch nicht mehr schaffen.

Bei KM 35 setzte plötzlich ein Platzregen ein, der bis KM 36 anhielt. Dann gönnte er uns ein paar Sekunden Pause, um kurz danach als Hagelregen wieder einzusetzen. Bis KM 37 prasselten die Hagelkörner auf uns ein. Ein paar meiner Mitläufer stellten sich bei einer Futterkrippe unter, um dem Hagel zu entgehen. Aber ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass ich die 5 Stunden Grenze riskiere, wenn ich auch ein kleines Päuschen einlege. Also weiter. Die Musikkapelle am Straßenrand spielte „raindrops are falling on my head“, was mich sehr erheiterte. Nach KM 37 verzogen sich die dunklen Wolken und die Sonne kam sogar ein bisschen wieder zum Vorschein. Trotzdem waren wir alle nass bis auf die Knochen. Diese kleine Abkühlung hatte meinem Körper offenbar gut getan, dSonja uns Sofia im Zielie KM-Zeiten wurden wieder schneller. Den KM 40 absolvierte ich in 5:50. Jetzt konnte es ja wirklich nicht mehr weit sein. Der Platzsprecher im Ziel war längst schon zu hören. Endlich erreichten wir Schmiedefeld. Durch den Ort ging es bergab, eine scharfe Kurve, und über einen Lautsprecher wurde die „Sonja Selber aus Wien“ begrüßt, was mich ungemein anspornte. Nach der Kurve mussten wir wieder steil bergauf, „nur mehr 300 m“ riefen alle Zuschauer. Es war endlos. Der letzte KM ist für mich in jedem Rennen der schlimmste. Der hört nie auf. Es bergauf, es ging um eine Kurve, es ging auf einen Sportplatz, aber das Ziel war einfach nicht zu sehen. Plötzlich sah ich von ganz weit hinter dem Sportplatz jede Menge Läufer daher kommen. Oh Gott, so weit nach hinten müssen wir noch laufen, ich konnte es kaum glauben. Dabei waren das die Supermarathonis, die sich im Zielgelände mit den Marathonis vereinten.

Endlich war er da, der Zielbogen. Zu den Klängen von Helene Fischers „Atemlos“ überquerte ich nach 4Stunden und 54 Minuten die Ziellinie. Sofia, die die Strecke in 4:35 geschafft hatte,  stürzte auf mich los und umarmte mich, Wolfgang war auch schon da und schoss ein Freudenfoto von uns. Anne war nach 4:44 Stunden ins Ziel gekommen, es bedurfte aber einer größeren gegenseitigen Suchaktion, bis wir uns alle gefunden hatten. Und unser treuer Franz war nicht zu übersehen, er stand mit unseren Kleiderbeuteln im Ziel.

Alle drei im Ziel

Fazit: Wir waren gut trainiert, unsere regelmäßigen „über-3-Stunden-Läufe“ hatten sich ausgezahlt. Wir kamen alle schmerzfrei und guter Dinge ins Ziel, waren auf unsere Leistung stolz und haben den Lauf sehr genossen.

Zu den Ergebnissen geht es hier.

Zu ausgewählten Bildern.

Bilder von Franz und Sofia (Danke!)

Zu Tigerhalters SM-Rennsteig-Laufbericht