Ich sehe ihn…nur noch 100 Meter….50…20… und Lauflauflauf!“

So weckten die Staffelübergabe und die Spannung davor bei mir – einer Ungarin aus Wien – Kindheitserinnerungen. Kindheitserinnerungen über die Staffelwettbewerbe in der Schule, und über die ganze Gegend, wo ich groß geworden bin.

Aber bevor es mit dem Laufen losgegangen ist, hatten wir noch einiges vorzubereiten. Und wie kommt man überhaupt dazu, dass man aus Wien an den Balaton fährt?

Vor ungefähr einem Jahr, als ich mich entschieden habe, bei einem (= meinem ersten) Marathon anzutreten, habe ich bewusst Laufgesellschaft gesucht. Lange hat die Suche nicht gedauert, ca. nach einer Woche war ich schon mit Egon unterwegs, der mich gleich in die FB-Laufgesellschaft in Wien eingeführt hat. Die Woche darauf (und danach jeden Mittwoch) war ich schon – wie Christian S. bezeichnen würde – als das Küken der ULT Heustadlwasser begeistert von den tollen Läufern unterwegs. Damals habe ich Erfahrung nur mit einem einzigen Ultra-Lauf gehabt: mit dem UltraBalaton in Ungarn. Nach einer erfolgreichen Sommerrunde habe ich nach einem (oder mehreren) Radler(n) die Idee aufgeworfen. Bald kam die Antwort:

Balaton, wieso nicht?

Und plötzlich merkte ich, dass wir bereits 8 Teilnehmer haben.

An einem sonnigen Oktober-Wochenende habe ich meine Oma für ein Mittagessen ausgeführt und mit meinem Handy in meiner Hand - fertig mit dem guten (Meeres)Fisch 50 Meter entfernt vom Balaton - musste ich enttäuscht feststellen: die Anmeldung für den Ultra-Balaton 2019 wurde nach 5 Minuten geschlossen. Und leider ohne ULT-Heustadlwasser Team, die Quote ist bereits ausgeschöpft. Nachdem ich mich mit der Enttäuschung der Gruppe konfrontiert habe, entschloss ich mich – wie eine geborene Juristin –, dagegen vorzugehen und erfasste ein ausführliches (und – für meine Verhältnisse ? – liebes) Schreiben, damit wir eventuell einen der Ersatzplätze bekommen. Unsere Bemühungen waren erfolgreich und Ende Oktober wussten wir schon, dass unser 10er Team fix dabei ist. Zwar hatten wir nur 8 Personen, die sicher zugesagt haben, jedoch – Dank unserer Überzeugungsarbeit und der Bereitschaft der Beteiligten – haben sich im Dezember Chris A. und Wolfgang H. ebenfalls bereit erklärt.

Für die insgesamt 221 km hatten wir also 10 Läufer…einige fragten sich natürlich, wofür Laufschuhe zubinden für 20 km. Nachträglich könnte man fragen, ob solche Gebete erhört und falsch verstanden wurden. Tatsache ist, dass 2 Tage vor dem Start sich 3 Mitglieder kurzfristig für Nichtstarten bzw. eine kürzere Distanz entscheiden mussten: Gina K. hat sich wegen einer Verletzung nicht getraut, den Körper noch mehr zu beanspruchen, Chris A. hatte Knieschmerzen und traute sich nur eine kürzere Strecke zu laufen und Heidi R. hat wegen einer Erkältung das Wochenende abgesagt. Was für den einen traurig ist, würde man glauben, könnte für die anderen Mitglieder ein Problem werden: aber ganz im Gegenteil. Jede LäuferIn hat sich gleich gemeldet, längere Strecken zu laufen. Laut Anne D. „zahlt sich es endlich aus, soweit zu fahren, wenn schon keine Höhenmeter dabei sind“. So haben wir uns geeinigt, dass jeder (mit der Ausnahme von Josef, der sowieso schon für eine Distanz länger als ein Marathon gemeldet war) maximal ca. 30 km läuft, auch wenn sich einige (nicht wahr, Josef?!), unbedingt noch 10 km auf ihre Distanz darauf hängen wollten.

 

Unterwegs – zumindest an den Balaton

Wir fuhren mit 3 Autos am Freitag Nachmittag nach Balatonfűzfő, wo ich alle meine Sommerferien als Kind verbracht habe. Das Nachbarhaus wurde für das Team reserviert. Die Organisation der Übergaben und Übernahmen forderte jedoch mehr Mühe wie gedacht. Zum Glück half uns das gute Essen und das ungarische Bier im lokalen Restaurant. Auf ersten Blick schien zwar so, dass die Herausforderung am nächsten Tag bei den Läufern ist, jedoch haben unsere verletzten Läufer die größte Hilfe geleistet, als sie uns in der Mitte der Nacht zur Übergabenstellen hingebracht und teilweise vom Regen abgeholt haben. Jede hat seine Aufgabe gehabt und nach Plan und bestem Wissen erledigt.

Hinfahrt und Vorbereitung – aus einer anderen Sicht, nicht war, Josef?

Dieser Ultrabalaton bestand für mich aus zwei sehr erfreulichen Komponenten: erstens das gemeinsame Team-Erlebnis und zweitens der Lauf selbst.

Unsere liebe Zita hat uns zur Teilnahme inspiriert und motiviert. Sie hat im Vorfeld alles organisiert, für die wirklich angenehme Privatunterkunft gesorgt. Extrem wichtig war auch die Renneinteilung - wer läuft wo und in welchem Tempo und wo sind die Übergabestellen. Im Nachhinein kann gesagt werden: eine perfekte Planung von ihr und die Läuferinnen und Läufer haben es nicht gewagt, sich nicht daran zu halten. Manchmal wirkt Zita etwas streng, obwohl sie gar nicht danach ausschaut. Am Freitag sind wir in unseren Quartieren im Osten des Balatons bei Balatonfüzfö angekommen.“

Tag des Rennens

Am früheren Nachmittag standen wir 9 LäuferInnen am Samstag alle beim Start in Balatonfüred und unterstützten auf den ersten 50 Metern unseren ersten Läufer, Woody Running – Walter H. Nach der ersten Aufregung hatten wir nichts anderes zu tun, als essen zu gehen, zu tratschen oder die Nachtläufer sich auszuruhen und zur nächsten Übergabestation zu fahren.

Während wir das Spätfrühling-/Frühsommerwetter genossen haben, sammelte Woody so brav wie immer die Kilometer:

Ich bin Startläufer! Kann mir die Ehre nur so erklären, dass ich der Einzige im ähnlichen Alter wie Josef bin und der hat ja das Privileg, ins Ziel einzulaufen!

Insofern auch schön, weil die Startzeit gut abzuschätzen ist und sichergestellt ist, dass ich am richtigen Punkt weg starte, weil ja das gesamte Team mich begleitet und in den richtigen Startblock stellt. Leider krieg ich noch 2 Rücksäcke mit auf die Strecke: Ich muss 5 km für den Ausfall von Heidi kompensieren und Chris hängt mir noch die Aufgabe um, die 10 Minuten Startverzögerung bis zur Übergabe an ihn aufzuholen. Der hat leicht reden mit seinen jungen Beinen und lächerlichen 5 km zu laufen!!

Es ist endlich so weit, ich stolpere los ins Ungewisse, die Panik sich zu verlaufen besteht von Anfang an. Und tatsächlich, schon 200 m nach dem Start bin ich nicht mehr sicher, ob ich richtig bin, der Krautacker kann doch nicht die Startregion sein. Außerdem niemand vor und hinter mir. Endlich kommt Asphalt, aber immer noch kein Hinweis darauf, dass ich hier richtig bin. Nachdem ich keine alternative Route sehe, trabe ich weiter. Endlich werde ich von einem anderen Läufer überholt, das gibt mir wieder ein wenig Sicherheit. Die schwindet aber spätestens bei km 4, als ich durch die Hitze doch schon recht durstig bin und weit und breit keine Verpflegungsstation zu sehen ist, die waren doch für alle 3-4 km angekündigt. Das Gelände ist auch ziemlich hügelig, ich dachte, dass eine Seeumrundung doch ziemlich flach sein müsste. Dann endlich, nach gezählten 6 km die erste Labestation, gefühlt wirklich im letzten Augenblick! Und ab da dann tatsächlich alle rund 4 km. Ich laufe offensichtlich an der Weinstraße, vom Plattensee habe ich seit dem Start nichts gesehen und aufgrund der Hitze und des selektiven Geländes sehe ich wenig Chancen, die Vorgabe von Chris zu erfüllen, aber ich bemühe mich redlich. Und dann, nach mehr als 20 km, endlich der Plattensee unter mir. Es geht bergab und ich fliege förmlich – für meine Verhältnisse – den Hügel hinunter und an der Pflegestation vorbei. Jetzt bin ich bei km 25 und damit wäre meine Mission unter normalen Umständen beendet. Aber es kommen ja noch Heidis 5 km. Und da sollte ich ja nochmals trinken. Da war ja eine Kontrollstation, aber mir wurde nichts angeboten. Das geht ja gar nicht, also kehrt marsch zurück. Leider leere Kilometer, die Kontrollstelle und die Labestation sind diesmal örtlich getrennt also heißt es wieder umdrehen. Und wirklich, nach rund 600 m gibt es was zu trinken. Hat mich aber wertvolle Zeit gekostet, das hebt meine Stimmung nicht, weil ich außerdem beginne zu „schwächeln“, also zumindest gefühlt immer langsamer werde. Aber es geht zumindest flach weiter und der See ist in Sichtweite. Als quäle ich mich weiter und das Ziel nähert sich tatsächlich und es geht nochmals gemein bergauf. Was hat mir Zita eingeschärft? Das Startband schon vor der Übergabe lösen, um keine Zeit zu verlieren. Da sind sie schon, Chris und Josef empfangen mich, ich drücke Chris das Band in die Hand und widerstehe der Versuchung, ihn mit einem Klaps auf den Hintern auf die Reise zu schicken. Außerdem war er eh viel zu schnell weg. Josef ist wie gewohnt verständnisvoll und stellt keine Fragen, bevor ich wieder zu Wort komme.

Dann nur mehr Glücksgefühle, ich hab‘s hinter mir und die Verspätung zwar nicht aufgeholt aber auch nicht ausgebaut, in Summe werden wir knapp unter der Vorgabe liegen, aber das ist die (Erfolgs)Geschichte der nach-mir Läufer. Ich komme ab da nur mehr als Fahrer und Fotograf zum Einsatz und das ist gut so...“

Unterwegs sind wir noch kurz stehengeblieben, und den 6-Tagenlauf in der Nähe besichtigt. Wir (Anne, Chris und ich) fuhren mit einem Auto nach Zánka. Dort stieg Chris aus und bereitete sich für seine Strecke vor. Dabei wartete Josef S. bereits auf Woody. Nach erfolgter Übergabe hat Chris versucht, alles aufzuholen, was auf seiner kurzen Strecke möglich war für uns alle und berichtete:

Eigentlich wollte ich ja so um die 15km laufen, direkt vor meiner Freundin Zita, die auch etwa eine solche Distanz laufen wollte. Nach dem Wien Marathon gingen meine Knieschmerzen aber nicht wie sonst üblich schnell wieder weg, sondern blieben und ich wusste deshalb nicht, welche Distanz ich durchhalten würde. Also hat Zita 10km von mir übernommen und für mich blieb eine Minidistanz von 5km übrig – denn aufgeben ist bei so einem Staffelbewerb ja keine Option.

Die 5km waren schnell absolviert, etwa 20 Minuten später war ich wieder fertig - die Strecke war ziemlich hügelig, aber bei recht wenig Verkehr angenehm zu laufen. Allerdings fühlte ich mich als 5km-Sprinter in einem Ultra-Bewerb ein bisschen fehl am Platz.

Nach der Übergabe an Zita hab ich mich noch ein bisschen an der Verpflegung gestärkt - dann sind wir (Anne und ich) schon Zita nachgefahren, die wir auf ihrer Strecke zwei Mal anfeuerten, bevor wir zur Übergabe fuhren, wo Zita an Anne übergeben hat - was problemlos verlief.“

Anne und ich fuhren weiter nach Köveskál. Kurz Wasser trinken, Autoschlüssel und Papiere Anne übergeben und warten…er sollte jede Minute da sein…und dann…ich sehe ihn…nur noch 100 Meter….50…20… und Lauflauflauf! – hörte ich in meinem Kopf und startete gleich mit einer Geschwindigkeit, die natürlich bei der Hitze und Strecke (laut Plan 27,6 km) übertrieben war. Chris ist noch ca. 100 Meter mitgelaufen, montierte auf meine Hand das Übergabeband und wies darauf hin, dass ich zu schnell laufe: „Kein Stress!“. Nach weiteren 100 Meter habe ich die Geräusche der Übergabestation immer weniger gehört, alles war ruhig. Plötzlich war ich alleine auf der Strecke. Das Balaton-Hochland und ich. Und die Ruhe. Ab und zu habe ich vor mir eine Läuferin oder einen Läufer getroffen, die/den ich überholt habe, und ab und zu hat mich jemand überholt. Ein paar Kinder standen hin und wieder neben der Straße und haben uns angefeuert („Hajrá!“). Sonst nur die Stille und der Balaton. Ich wusste, dass ich zu schnell unterwegs bin und mich an den Plan halten muss, wusste aber auch, dass ich später durch einen Weinkeller laufen muss, wo ich viel Zeit verlieren werde. Die Sonne ging langsam runter und ich sammelte weiter die Kilometer. Kurz vor dem Weinkeller und nach Sonnenuntergang bekam ich von Anne und Chris eine Stirnlampe, die ich wahrscheinlich vorher hätte ausprobieren sollen, damit ich so beim Lauf keine Zeit mit der Montage verbringen muss. Langsam ist es dunkel geworden und vor mir waren immer noch ca. 8 km. Hügel rauf und runter, rauf und runter, Musik einschalten und in der ganzen Dunkelheit sah ich schon die Übergabestation. Mit der gleichen Begeisterung, die ich vor fast 3 Stunden hatte, startete Anne und wir fahren zurück nach Balatonfűzfő.

Und was passierte mit Anne in der Zwischenzeit?

Der Plan sagte für mich immerhin 28,2km mit 156 Höhenmetern. Ich habe mir dann gleich zwei Dinge ausgerechnet: zum einen ist es klar, dass ich im Dunklen starten werde, also wird es ein kompletter Stirnlampenlauf, und, ich werde wohl so um Mitternacht in „mein“ Ziel kommen. Den Namen konnte ich mir leider nicht merken, weil alle Namen irgendetwas mit Balaton zu tun hatten und für mich sehr ähnlich klangen. Angesichts der Aussicht, eventuell auch in Regen zu kommen, konnte ich zum Glück die anderen davon überzeugen, dass selber zurückfahren keine echte Option sei. Ich sah mich schon pitschnass, völlig fertig und desorientiert an einem düsteren mir unbekannten Ort nach einem Auto mit Wiener Kennzeichen suchen….

Aber Josef hatte ein Einsehen und versprach, mich abzuholen, auch wenn das für ihn 3 Stunden Autofahrt bedeutet. Oh, so etwas weiß ich wirklich zu schätzen.

Christian wartete mit mir am Übergabepunkt, an dem ständig Läufer vorbeikamen; eigentlich war fast so etwas wie Volksfeststimmung. Angesichts der Tausende von Gelsen war ich jedoch sehr froh, als dann Zita flott die Straße entlangkam und ich gleich loslaufen durfte. Am Anfang durfte ich gleich drei Läufer überholen, aber dann kamen einige flotte Staffelläufer jeweils mit Fahrradbegleitung, die zügig an mir vorbeizogen. Der Weg war leicht zu finden und nach einigen Hügeln durch ein Waldgebiet ging es parallel die Straße entlang. Damit konnte man auch leicht erkennen, wo die nächste Labe war, weil sich davor die Autos stauten. Nach der zweiten Labe ging es jedoch endlich Richtung See und man konnte anstatt Automotoren unzählige von Kröten hören. Ich freute mich über jede Labe, auch wenn ich an einer noch nicht mal das Wasser gefunden habe. Nur an einer Stelle war ich unsicher, wo ich weiterlaufen sollte. Ich wartete einige Sekunden und zum Glück kamen zwei Läufer, denen ich dann folgen konnte. In der zweiten Hälfte meiner Strecke verlief der Weg dann direkt am Seeufer. So romantisch das ist, so klar wurde auch, dass das angekündigte Gewitter immer näher kam. Für mich doch etwas bedrohlich konnte ich für über eine Stunde das Wetterleuchten über dem See bewundern. Ziemlich genau um Mitternacht erreichte ich die Labe und fiel Josef glücklich in die Arme. Wolfgang übernahm und genau bei der Übergabe fing es an zu regnen, für mich also perfektes Timing. Tatsächlich hat Josef noch nach dem Auto gesucht, nicht auszudenken, ich hätte es finden müssen. Bei der Rückfahrt durch strömenden Regen legten wir eine entsprechende Denkminute für Wolfgang ein.“

In der Zwischenzeit haben wir uns schon zum Schlafen hingelegt und genossen die Bettruhe und waren sehr froh darüber, dass Wolfgang die „Regenstrecke“ übernommen hat. Nachdem er die meist anstrengende Aufgabe in der Nacht beim Sturm gemeistert hat, wurde Wolfgang von der Aufgabe befreit, über die Strecke zu berichten ?.

Danach meisterte Martin seine 31,2 km Strecke:

Ich habe zu Übungszwecken - in Gols würde ich ja ein paar Wochen später auch im Finstern laufen - die Nachtetappe übernommen, was bedeutete, nach etwas Vordösen um Mitternacht mit dem Auto in Begleitung von Gina, die als Mentalcoach mit von der Partie war, eine Stunde im einsetzenden Gewitterregen zum geplanten Übergabepunkt, einer betriebsamen Labestation am Südufer, zu fahren, wo wir im dann nachlassenden Regen auf Wolfgang, von dem wir dank Livetracking wussten, dass er auf seiner letzten Teilstrecke war, inmitten vieler trotz Nachtzeit und Regen gutgelaunter Menschen warteten.

Ich startete eigentlich recht zügig und wunderte mich gleich mal über das auch hohe Tempo der anderen Teilnehmer, bis mir klar wurde, dass das ja auch (fast alle) Staffelläufer waren, die (relativ gesehen, weil insgesamt so zahlreiche Läufer & Läuferinnen) wenigen Einzelläufer auf der Strecke waren dann doch nach bereits über 100 zurückgelegten Kilometern etwas langsamer unterwegs.

Das Laufen selbst gestaltete sich als recht einfach, weil der Regen aufhörte, die Markierung hervorragend und sowieso immer Mitbewerber in Sichtweite, die Strecke war allerdings wenig abwechslungsreich (kilometerlange Straßen entlang von Einzelhäusern und dazwischen um die Jahreszeit geschlossene Seebäder und -restaurants) bis auf einen Hügel durch das Villenviertel einer Kleinstadt, danach bergab und zur Übergabestation gebolzt, wo Jean-Marie wie geplant schon auf mich wartete.“

Ich habe den Wecker für 3:40 gestellt, kurz davor war ich jedoch schon wach und schaute, ob die Jungs eh brav unterwegs sind. Ich stellte fest, dass die letzte Übergabe ganz pünktlich erfolgte, fragte Jean-Marie W. in unserer FB-Gruppe, ob er bereit ist und weckte schließlich Chris auf, damit er den Nachtdienst übernimmt. Die beiden Herren fuhren dann nach Balatonföldvár, wo sie auf die Ankunft von Martin warteten. Danach war Jean-Marie daran:

Als vorletzter Läufer hatte ich den Luxus ausschlafen zu können. So musste ich erst um 3:30 aufstehen :-D. Da musste ich entsetzt feststellen, dass es wild regnete und stürmte. Zum Glück musste ich nicht selber mit dem Auto fahren. Christian holte mich pünktlich ab und fuhr mich nach Balatonfürtvar (Redaktion: „Balatonföldvár“ ?).

Bei Dunkelheit und Regen alles andere als angenehm (das Autofahren) Kaum waren wir angekommen, hörte es auch schon auf mit regnen. Sehr gut, denn Regengewand hatte ich, als alter Optimist, einfach nicht mitgenommen. Wir mussten auch nur ca. 15 Minuten warten bis uns Martin schon entgegenlief, ich konnte also problemlos übernehmen. Meine zu dem damaligen Zeitpunkt recht ambitionierte Geschwindigkeit konnte ich nur mit Mühe laufen (5er Schnitt). Ich hoffte das durchhalten zu können, weil ich es 2 Wochen beim wings4life auch geschafft hatte. Allerdings war ich noch nicht ganz erholt. Auf jeden Fall laufe ich so dahin, alles immer nur kilometerweit geradeaus, fast alles auf Asphalt. Wie gemacht für mich. Viele hassen ja sowas, mir liegt das gut. Zumindest wenn es um passable Laufleistungen geht.

Am Ende meiner Strecke kommt er dann doch recht unerwartet – der Berg. Ich wusste, dass da irgendwo Höhenmeter schlummern, aber gleich so was Steiles? Das bringt mein Tempo komplett runter. Auch der Laufrhythmus ist dahin. Auch nach dem ersten Hügel schaffe ich es, angesichts der Ermüdung der ersten 25 km, nicht mehr in einen runden Laufschritt hineinzukommen.

Aber wurscht, schließlich ist es nicht mehr weit bis zur nächsten Übergabe. Aber wo bleibt die denn nur? Einen anderen Läufer habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen – habe ich mich etwas verlaufen?

Nun krame ich mal mein Handy heraus um nachzuschauen wo ich gerade unterwegs bin und sehe, dass ich eh noch richtig bin und es auch nicht mehr weit ist. Zwischendurch erhasche ich wunderschöne Blicke auf den See, wo gerade die Sonnenaufgangsstrahlen durch die ersten Löcher in der Wolkendecke durchscheinen. Ein wunderbares Schauspiel.

Dann dauert es auch nur mehr wenige Augenblicke und ich sehe Josef und Walter am Ende der Straße, auf mich wartend, stehen. Die Freude ist bei allen Beteiligten groß. Ich habe es endlich geschafft, ziemlich außer Atem, Josef darf endlich wieder einen Marathon laufen und Woody durfte mit dem schicken Auto von Josef fahren.

Walter bringt mich und das Auto sicher wieder zurück zur Homebase und ich freue mich schon aufs Frühstück und das baldige Empfangen von Josef im Ziel.“

Während Josef mit seiner (Über)Marathondistanz bei dem immer wärmeren Wetter gekämpft hat, haben wir in Ruhe gefrühstückt und ihn 700 m von unserer Unterkunft entfernt angefeuert. Dann machten wir uns auf den Weg, trafen ihn noch einmal unterwegs und warteten voller Freude im Ziel. Während dessen sammelten sich immer mehr Gedanken im Kopf von Josef über den Lauf:

Am Samstag haben wir alle gemeinsam Woody zum Start nach Balatonfüred Annagora / Aquapark gebracht. Anschließend besuchten wir unsere Läufer vom "EMU 6 day race" im Park am Strand. Ein paar Stunden später habe ich Woody etwa 18 Uhr in Zanka erwartet und wir beide sind zurückgefahren.

Der nächste Einsatz für das Rennen war die Fahrt ans westliche Ende des Balatons, beinahe 100 km entfernt, um Wolfgang zu seinem Etappenstart in Fenekpuszta bei Keszthely zu bringen und Anne gleichzeitig von dort abzuholen. Wie vorgesehen um Mitternacht kam Anne fröhlich, begleitet von heftigem Donnergrollen, heran und Wolfgang lief in das Unwetter hinein. Später hat er behauptet, es sei eh nicht so arg gewesen. Anne und ich fuhren jedenfalls durch heftige Regengüsse auf der Autobahn gen Osten.

Am nächsten Morgen brachte mich Woody zur Übergabestelle in Balatonvilagos, wo wir Jean-Marie erwarteten. Wir nahmen uns die Zeit für ein paar Fotos und dann lief ich um 8h04 los. Das Wetter war herrlich. Nach dem Regen in der Nacht war alles frisch grün und leicht dampfend, aber nicht schwül. Ich hatte Zita in der Planungsphase überzeugt, mir eine kommode Vorgabe zu verpassen. So lief ich mit etwa 44 Kilometer zwar die längste Strecke, aber auch mit der geringsten Tempovorgabe von 7:10 auf den Kilometer.

Der folgende Streckenabschnitt war sehr schön, größtenteils Radwege am Ostufer entlang nach Norden. Nach meiner ersten Verpflegungsstelle, die im Übrigen zahlreich waren, ging es weiter in nordwestlicher Richtung. Mein Tempo hat sich auf ungefähr 6:30 eingependelt und ich erwartete eigentlich, dass ich bei Kilometer 18, einem Bahnübergang in der Nähe unseres Quartiers, von einer jubelnden Menge angespornt würde. Und so war es dann auch. Zuerst kam mir Woody entgegen und begleitete mich ein Stück und dann gab es frenetischen Applaus wie bei einem Weltrekordversuch.

Danach wurde es wieder ruhiger um mich herum, die obere Ecke des Balatons war umrundet, es ging nach Südwesten und ich lief in Erwartung einer schleichenden Tempoverlangsamung. Nach Kilometer 28 reichte es nur mehr für 7er Zeiten und 10 Kilometer später 8er. Die Umgebung war nicht mehr so spannend. Sei es wegen des Straßenverkehrs, möglicherweise auch der beginnenden Ermüdung oder Hitze geschuldet. Meine Meute trieb mich irgendwo unterwegs noch einmal an, damit ich nicht einschliefe. Zuletzt schleppte ich mich, langsam aber in guter Laune, durch das, wie mir schien, endlose Balatonfüred. Am letzten Kilometer in netter Begleitung durch das Team inklusive Anhang, sodass wir gemeinsam das Ziel erreichten.“

Ob die Motivation der Läufer die Atmosphäre, das gute Wetter (bzw. der Regen), die anderen Teilnehmenden, die tolle Versorgung oder einfach das entspannte Wochenende gesteigert hat, bleibt unklar. (Die Annahme von Josef, dass ich eventuell zu streng bin, würde ich gleich ausschließen ?.) Tatsache ist, dass unser letztes Vorhaben ein gezieltes Durchschnittstempo von 6:02 war. Den Wettkampf haben wir schließlich mit einer Gesamtzeit von knapp 22:10 Stunden gemeistert. Das entspricht einer Pace von 6:02 min/km.

Und wie würde Woody die Laune am nächsten Tag beschreiben: nach dem UltraBalaton ist vor dem UltraBalaton.

UB 2020 kann kommen….