Diesmal war eindeutig Woody derjenige, der uns auf diesen Lauf aufmerksam gemacht hatte. Mit der Erfahrung vom letzten Mal, legte er uns diesen Erlebnislauf sehr ans Herz. Die Fakten: am 9. April laufen etwas über 3000 Läufer am Abend ab 21h mit Stirnlampe ausgestattet die gesamte Hauptinsel Venedigs ab und absolvieren so ca. 16km und überqueren genau 51 Brücken.
Selbstredend ist dies ein ideales Event, um nicht seine Geschwindigkeit zu testen, sondern das tolle Venedig zu genießen. Dazu passte dann auch die sehr moderate Cutofftime von 3h.
Ich kam nach einem beruflichen Termin aus Berlin angeflogen und sollte eigentlich meine Frankfurter Freundin Barbara, die ja schon beim letztjährigen Ibizamarathon eine tolle Laufpartnerin war, ihre Bekannte Anne sowie Thomas am späten Freitagabend in Venedig treffen. Leider dezimierte sich unsere Gruppe auf die beiden Annes. Wir beide machten uns dann auch am Samstag auf, um die Startunterlagen im Hafen von Venedig abzuholen. Dort trafen wir dann auch gleich auf Woody sowie zwei weiteren Wiener Läufern. Im Startersackerl gab es neben Papier, Riegel und Getränken ein schönes Shirt, das man für wenig Geld sogar noch mit seinem Namen versehen lassen konnte. Zum Glück hatte Woody auch eine Ersatzlampe für Anne dabei, sodass wir am frühen Nachmittag la dolce Vita nachgehen konnten.
Doch der blaue Himmel war trügerisch und schon wenig später gab es ein heftiges Gewitter, Starkregen und einen Temperatursturz. Woody und wir waren uns einig, dass wir „keine Sissis“ seien. Allerdings hatte ich weder Regenjacke noch sonst warme Sachen dabei. Anne und ich kauften uns zumindest Regencapes. Aber wenn Engel Reisen: pünktlich um 20h auf dem Weg zum Start hörte zumindest der Regen auf, auch wenn es kalt und windig blieb.
Am Start am Hafen, ausgestattet mit Cape, Kapuze, Stirnlampe und der obligatorischen Maske, mussten wir zum Glück nicht lange warten und nach dem von vielen sehr emotionalen Absingen der italienischen Nationalhymne ging es pünktlich um 21h los. Wir standen relativ weit hinten im Starterfeld, da Anne Wettbewerbsnovizin war und wir uns auf jeden Fall Zeit lassen wollten. Entsprechend langsam bewegten wir uns nach Vorne und der erste Kilometer dauerte so schon über 10 Minuten.
© Venice Night Trail
Aber nach der ersten Brücke löste sich der Stau etwas auf und wir liefen entspannt in Richtung Bahnhof. Jetzt zeigt sich auch die hervorragende Organisation: anstatt Streckenmarkierungen standen an jeder Ecke und vor gefährlichen Stellen Streckenposten, die einem verlässlich den Weg zeigten. Alleine war man sowieso nie auf der Strecke. Hiermit klärte sich auch, warum wir am Tag nirgendwo irgendwelche Streckenmarkierungen gesehen hatten. Typisch für Venedig gab es etliche Engstellen, bei denen es dann natürlich auch immer zum Stau kam; bei diesem Lauf sollte man also entweder sehr schnell sein oder eben etwas Geduld mitbringen. Aber genau dieser Wechsel zwischen breiter Straße und engster Gasse sowie die vielen Brücken machen genau den Charme des Laufes aus.
© Gudrun Putz
Die Stimmung war unter den Läufern wunderbar und den Lauf konnten wir wirklich genießen. Nach ca. 8,5km hatten wir mit dem Giardini della Biennale die andere Seite Venedigs erreicht und konnten uns kurz an der einzigen Verpflegungsstation erfrischen. Dies ist völlig ausreichend. Danach liefen wir als weiteres Highlight über den Markusplatz und zurück zum Hafen nach genau zwei Stunden ins Ziel. Anne ist wacker mit mir die vielen Brücken hoch- und runtergelaufen. Gerade zum Ende hin sind doch einige die Brücken gegangen. Auch gab es einige, welche die komplette Strecke gewalkt sind, was angesichts der erlaubten Zeit auch kein Problem ist. Im Ziel gab es eine schöne Finishermedaille und wir machten uns angesichts der Temperaturen schnell auf den Weg zurück zu unserer Bleibe.
Fazit: Ein schöner und stimmungsvoller Lauf, der jeden Venedigfan begeistern wird. Bestzeiten werden hier nicht gelaufen, aber es ist ein toller Anlass, mal wieder nach Venedig zu kommen.
Anne d’Arcy, 13. April 2022