Rundenlaufen ist ja in der Szene beliebt, aber was sich die Veranstalter von der Burgenland Extrem Tour unter dem schönen Motto "Live Love Move" da ausgedacht haben, übertrifft wohl doch die Erwartungen um Einiges: ist doch die Runde schlappe 120km lang und führt um den winterlichen Neusiedlersee.
Die letzten Jahre immer zu Semesterferienbeginn sodaß ich eine Ausrede hatte ("muß am nächsten Vormittag in Urlaub fahren"), weil die Mythen und auch wahren Geschichten (siehe auch Bericht von Wolfgang und Andreas 2015) wirkten durchaus abschreckend für jemanden, der´s grundsätzlich doch lieber etwas gemütlich hat.
Deshalb und weil nach dem Rund um Wien Lauf (tja, Rundenlaufen ist halt beliebt) wegen Beschwerden und allgemeiner Unlust das Trainieren etwas reduziert war, wartete ich mit der Anmeldung bis zur letzten Möglichkeit und einer vorläufigen Wetterprognose: KEIN Niederschlag in fester, halbflüssiger oder wäßriger Form, KEIN Wind (die haben in der Gegend nämlich nicht umsonst etliche Windenergieanlagen errichtet), KEIN oder fast kein Schnee am Boden, ABER -9° in der Früh und -2° nachmittags. So schön war´s abgeblich noch nie, also kurz entschlossen doch noch gemeldet gemeinsam mit Gina und dem Plan, zu zweit bis Apetlon zu laufen (60km wären ja ein schönes Training für Gols und für Gina die weiteste bisher gelaufene Strecke). Schon fix angemeldet und topfit sowie voller Vorfreude waren Erwin und Martin K, die auch schon zum vom verletzungsbedingt leider nicht teilnehmenden Wolfgang reservierten Quartier in Oggau vorgefahren waren und unsere Unterlagen mit abholten, sodaß wir streßfrei abends anreisen konnten.
Um drei (!) Uhr läutete unbarmherzig der Wecker (mir fiel wieder die im Vorfeld getätigte Bemerkung "Ich bin so blöd" ein) und alle vier waren komischerweise gleich munter und nützten die Zeit mit letzten Vorbereitungen. Frühstücken (Danke für den Kaffee und Striezel, Erwin !), Tee kochen, einschmieren, mitbekommen daß es draußen -7° hat, verschiedene Schichten anziehen (bei mir waren´s dann von innen nach außen 1x Wolle lang, 1x Wolle kurz, 1 Funktionsleiberl lang, 1 kurz, 1 Windjacke hauchdünn, 1 Warnweste - weil Vurschrift in Ungarn), Rucksack mit diversen Utensilien und Ersatzkleidung packen bzw. überprüfen, Schuhe, Mütze, Stirnlampe und raus zum Start um 4h30. Wir kamen gerade rechtzeitig und es war großartige Stimmung - ca 1500 ähnlich Verrückte wie wir ;-) als das Feld sich gehend in Bewegung setzte. Erwin und Martin K hatten es eilig und waren sofort weg, ich war auf Temporeduktion bedacht "ja nicht ins Schitzen kommen" wegen der Kälte.
Als wir nach ein paar km laufen konnten, war´s einfach fein bei kalter, aber trockener Luft im Dunkeln auf dem Radweg (ein Großteil der Strecke folgt diesem) Richtung Ungarn zu laufen, und wir fielen in einen angenehmen Trott. Nach der Grenze tolle Stimmung mit Morgendämmerung und Sonnenaufgang überm See bei Eiseskälte. Das Gesichtstuch fror immer sofort ein wenn ich es runterschob und ließ sich dann schön wieder anformen über der Nase, einige Teilnehmer mit Bart hatten schmucke Eiszapfen dran. Erste Labestelle in Balf mit Tee und Striezel, Keksen. Gute Stimmung bei allen - die Helfer an den Stationen waren ja in der Kälte, weil ohne Bewegung noch viel mehr gefordert als wir - und weiter liefen wir durch die Orte entlang des Südufers oft von Vorbeikommenden oder in die Arbeit fahrenden herzlich gegrüßt bis zur nächsten Labestation in Hegykö - mit Teekessel und offenem Feuer zum Wärmen eine echte Wohltat, weil zuletzt hatte es nur mehr -10° und wir waren doch schon fast 40km unterwegs.
Weiter ein Stück auf Feldwegen durch den ungarischen Nationalpark (muß letztes Jahr grauenvoller Gatsch gewesen sein, heute gefroren und ohne Schneebedeckung gut erkennbarer Untergrund also easy) bis Sarród zur ersten "in door" Labestation im dortigen Nationalparkzentrum mit warmem Tee, wo wir auch Pause machten und eine Schicht ablegten, schließlich wärmte ja bereits die Vormittagssonne. Danach auf großteils asphaltierten Feldwegen und Nebenstrassen mit laaaaaangen Geraden - Gina unermüdlich das Tempo haltend, einfach unglaublich wie sie das durchzog bei Null spezifischer Vorbereitung - nach Österreich zurück, genauer gesagt zum Gasthaus Weinzettl in Apetlon. Die stellten dort einen eigenen Raum sowie Würstel zur Verfügung für alle Teilnehmer. Cola gespritzt war auch fein.
Wir trafen dort auch Tanja, die wie versprochen mit Ersatzausrüstung und Rücktransportmöglichkeit im Auto angereist war. Von ihr erfuhren wir auch, daß Erwin und Martin K gerade wieder aufgebrochen und trotz kleiner Pannen guter Dinge waren.
Eigentlich hätten wir ja unseren Plan jetzt erfüllt, aber wir waren so gut drauf, daß wir beschlossen, noch bis Podersdorf oder doch eher Neusiedl weiterzumachen, das würden wir auch mit Gehen bis zur Dunkelheit schaffen. Also nach ausgiebiger Pause und Stärkung erneuter Aufbruch über Illmitz durch das wunderschöne Naturschutzgebiet sowie durch die Hölle (!) nach Podersdorf, noch immer mehr laufend als gehend. Unterwegs trafen wir zu unserer freudigen Überraschung Magdi vom Ultralaufteam Gols, die in ihrer Mittagspause auf der Strecke war, um Freunde zu unterstützen - war ein toller Motivationsschub !
Podersdorf Seecafé: wirklich leckerer Apfelpunsch, hat sich doch ausgezahlt weiterzumachen... und auf nach Neusiedl, wo wir noch vor Sonnenuntergang eintrafen und wieder von Tanja und Thomas erwartet wurden. Ausgiebige Pause bei leckerer Suppe und Kaffee aus der Espressomaschine. Während die Kleidung trocknete beschlossen wir endgültig, die Sache zu Ende zu bringen (hätte ich mir ja gleich denken können), das Angebot von Tanja uns rauszuholen falls wir Probleme auf den letzten 30km hätten, half dabei enorm.
Ab jetzt dann bald in der Dunkelheit über Jois (Hillinger und sein Glühwein waren leider zu weit weg von der Strecke, die Prioritäten hatten sich von Genußlaufen zu Fertigwerden verschoben) ging - ja die Gehpausen nahmen jetzt doch an Umfang zu - es über Winden und Breitenbrunn zur letzten Labe nach Purbach (für uns Veggies KEINE Gulaschsuppe, dafür Tee) und nach einem kurzen Pläuschchen mit Mitläufern letzter Aufbruch über Donnerskirchen und die dann doch länger als angekündigt gewesene Strecke zurück nach Oggau.
Dort kamen wir um 21h30 überglücklich an. Nie hätte ich in Früh gedacht, daß wir es gemeinsam so weit schaffen würden heute. Wie sagte Magdi unterwegs zu mir ? "Wir Frauen sind zäh" ! Am Schluß war´s aber auch wirklich zach und ich hätte keine Lust mehr gehabt in der jetzt wieder zunehmenden Kälte weiterzumachen, war echt optimales Timing. Noch ein paar Fotos, dem einen und der anderen gratulieren und schnell zurück ins Quartier, wo schon Erwin und Martin K warteten: WARMES Zimmer, seelige Zufriedenheit, ruhiger (hat wer geschnarcht?) Schlaf und anschließend gemeinsames Frühstück.
Fazit:
- so eine enthusiastisch organisierte Veranstaltung gibt´s nur im Burgenland :-)
- so ein Wetterglück nur alle paar Jahre
- so ein unerwartet erfolgreicher Lauf passiert einem auch nicht oft
- weiß also noch nicht ob ich das wieder mache ... aber das sagt man ja öfter
;-)
Mehr Fotos: (folgt noch)