Schi fahren am Arlberg – das kann was! Aber im Hochsommer von Schruns nach St. Anton laufen? Kann ich das? Es war eigentlich alles ganz anders geplant… Eilat Wüstenmarathon am 24. November 2023, Flüge gebucht, Zimmer gebucht, Name auf der Meldeliste, Trainingsprogramm brav gestartet und mit viel Elan auch umgesetzt – bis zum 7. Oktober; sofort war klar, dass ein Marathon in Israel unmöglich sein wird.
Nur was tun mit der begonnenen Vorbereitung?
Ich liebäugelte ja schon länger mit der Idee, den Montafon-Arlberg-Marathon (als 33,5km Trail) zu laufen und dachte mir, dass dies wohl die beste Gelegenheit sein wird.
Lange Vorbereitungszeit, kurze Laufzeit. War der (neue) Plan. Mit vielen Berg-auf-Sprints im Leithagebirge und ein paar Läufen auf den Hochwechsel, einfach perfekt. Drei Wochen Angina im April, also Antibiotika und Cortison, nochmals Halsentzündung Anfang Juni, nochmals Antibiotika und Cortison und somit 40 Kilometer im ganzen Monat anstatt pro Woche. Also (ganz) neuer Plan: Zimmer war ja gebucht, gemeldet war ich auch und dank Klimaticket war die Anreise kostenneutral (welch schönes Wort!) – ich wandere die 33 Kilometer: Zeitlimit 9 Stunden, das sollte sich irgendwie ausgehen.
Die Anreise mit dem railjet war super entspannt: in knapp 5 ½ Stunden von Wien an den Arlberg mit 230km/h, Check-In im Hotel und ab zum Bergfestival. Als Pastaparty gibt es feinste Spaghetti Bolognese im Galzigstüberl, dank 25 Grad genießen wir sie gemeinsam mit den anderen Läuferinnen und Läufern am Dorfplatz im Freien. Entspannte Stimmung bei Live-Musik und netten Gesprächen. Wenn es morgen so weitergeht, dann ist das ein Lauf-Urlaub mit Wohlfühlfaktor.
Samstag, 5 Uhr: der Wecker läutet, an der Rezeption gibt es für jeden Läufer ein Frühstückssackerl: zwei Semmerln, ein bisschen Obst, ein Stück Striezel; selbst die Küche denkt für uns mit. Am Bahnhofsplatz warten drei Autobusse, sämtliche bis auf den letzten Platz voll starten in Richtung Vorarlberg. Während es die Serpentinen den Arlberg hinuntergeht, werden die Gesichter von einigen im Bus immer bleicher…
Nach knapp einer Stunde Fahrt kommen wir im Startbereich an. Auch hier alles entspannt. Und weil noch nicht alle um Punkt acht Uhr ihre Startnummern erhalten und das Gepäck abgegeben haben, wartet man noch fünf Minuten mit dem Start – und erhält vom Tourismusdirektor noch wichtige Tipps: „Derschreckt’s mir ned die Küh auf der Alm – die sind so viele Leut‘ nicht gewohnt, da kommen normalerweise nur fünf bis zehn Wanderer vorbei!“
Nach dem Start geht es gemütlich los, ein breites Tal, leicht bergauf. Die Läufer verschwinden vor mir, ich halte meinen Plan ein: gehen statt laufen („Gleiten statt Hetzen“, falls sich noch wer erinnert). Das Tal steigt an, der Bach wird lauter, ein Wasserfall, ein zweiter, immer weiter windet sich der Weg bergauf. Nach zwei Stunden mehr als 11 Kilometer gegangen, 450 Höhenmeter, Plan passt. 3:30 Stunden, paradiesische Hochalm, höchste Labe, 1100 Höhenmeter, die Frisur sitzt, statt Weg ein Pfad, jetzt über Stock und Stein, zweitweise auch durch Bäche, dann vom höchsten Punkt hinunter zum malerischen Langen See, durch ein Hochmoor… und auf dem einzigen Altscheefeld ausgeruscht! Weitergeht’s, jetzt nur mehr bergab (glaube ich zu diesem Zeitpunkt), also Planändernung: ich laufe, naja trabe dem Ziel entgegen, sind ja nur mehr 15 Kilometer. Damit überhole ich auch die Geher („Hetzt die Gleiter“, das war das rote Pickerl, falls sich wer erinnert) und steuere unentwegt dem Ziel zu. Puh, zwischendurch ein Anstieg, davon war keine Rede… weiterlaufen, St. Anton schon im Blick gibt’s eine letzte Abzweigung, durch die Rosanaschlucht, über Leitern, sehr rutschig und feucht, genau richtig für die Schluss-Brezn. Auch das überstanden, grandioser Zieleinlauf am Dorfplatz bei knapp 30 Grad und Sonnenschein – was will man mehr. Und nach zwei Stunden Entspannung bei Livemusik und gutem Essen steigen wir wieder in den railjet und sind spätabends daheim im Burgenland.
Fazit: ein sehr gut organisierter Lauf, viele, sehr gut bestückte Labestationen, viele hilfreiche Helferleins an der Strecke, ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis und ein einzigartiges Bergerlebnis. Ich bin mir sicher, dass das nicht mein letzter Montafon-Arlberg-Lauf war.