Auch wenn als Saisonhöhepunkt in 2019 natürlich ein Berglauf ansteht, suchte ich nach einem schönen Städtemarathon im Frühjahr, schon um mal wieder etwas flotter zu werden und mich für ein gezieltes Training im Winter zu motivieren. Woody Running brachte mich dann auf die Idee, dass Danzig doch eine interessante Stadt sein könnte.
Gesagt, getan: für schlappe 22 Euro konnte man sich zum Marathon anmelden. Ein Billigflieger bringt uns Wienläufer günstig Freitagabend vor dem Lauf nach Danzig und die Innenstadthotels kosten auch weniger, als die Anmeldegebühr in Wien.
https://www.gdanskmaraton.pl/?lang=en
Danzig präsentiert sich mit einer wunderschönen Altstadt, die Woody, mein Support Barbara und ich am sehr sonnigen Samstag entgegen jeder Marathonempfehlung ausführlich besichtigten.
Davor waren wir noch im ca. 5km Messezentrum beim Stadion Energa Gdańsk zur Startnummernabholung. Dort präsentierte sich alles sehr gut organisiert und etwas Geld für ein Erinnerungszusatzshirt konnten wir auch lassen. Allerdings zeigte sich im (Jute-) Startersackerl, dass es sowieso viele schöne Erinnerungsdinge gab: Ein T-Shirt, ein Finisher-Magnet, eine Gdansk Wollkappe, eine Marathon Sonnenbrille und ein riesen Duschgel.
Mit der Startnummer und allen diesen Dingen fühlten wir uns dann für den nächsten Tag gut ausgestattet. Am Abend gab es dann statt Pastaparty die traditionellen Pirogi in allen möglichen Varianten.
Auch der Sonntag präsentierte sich wieder gegen jeden Europawettertrend sehr sonnig und fast windstill bei anfangs 3C: für mich also Optimalbedingungen. Blieb nur die Kleidungsfrage zu klären. Für mich war klar, mit der Sonne wird es eh schnell wärmer; also kurze Hose und ein paar Ärmlinge zum roten Rasente Tanten-Shirt müssen reichen. Auch Woody wählte das kühlere Outfit.
Am Bahnhof trafen wir die ersten Läufer und zu unserer Überraschung gab es sogar einen Sonderbus zum Start. Auf der Homepage war nämlich nichts zu finden und wir hatten uns auf die selten fahrende Straßenbahn eingestellt. Das Ziel wie auch alle Umkleiden usw. waren in der großen Messehalle, vor der genau gestartet wurde. Wie am Vortag gab es auch an der Kleidersackabgabe keinerlei Warteschlagen. Es gab gefühlt doppelt so viele Toiletten wie benötigt, etwas, was ich noch nie vorher bei einem Lauf erlebt hatte. Klar war aber auch, dass es mit ca. 2000 Läufern (wohl ca. 3000 mit Staffel) ein kleines Feld wird und letztlich waren wir mit etwas über 300 Damen eindeutig in der Unterzahl. Auch dominierte bei Organisation und Läufern die polnische Sprache.
Entspannt warteten Woody und ich bis kurz vor dem Start in der Halle, um uns dann kurz in unsere jeweilige Startgruppe einzureihen. Es gab kein Elitefeld und offensichtlich reite sich jeder dort ein, wo man so läuferisch hingehört.
Trotz des kleinen Starterfeldes gab es Startergruppen mit jeweils 15- Minuten Endzeit und entsprechende Pacemaker. Die Staffelläufer starteten 15 Minuten hinter dem Hauptfeld. Dadurch durfte ich gegen 9:07 in meiner Gruppe zügig und ohne jeden Stau loslaufen. Da ich in der Gruppe 3:45-4:00 Endzeit war, habe ich mich gleich hinten eingereiht, um mich nicht vom 3:45er Pacemaker zum schnellen Start verleiten zu lassen. Das war eine gute Entscheidung, da es offensichtlich niemanden in der Gruppe gab, der nicht mindestens mit 5:30 oder schneller gestartet wäre, auch ein Novum für mich.
Gleich nach wenigen Metern ging es in die Fußballarena, ein erstes schönes Highlight. Nach ca. 2 KM kamen wir am Start vorbei, so dass ich Support Barbara nochmal getroffen habe.
Nach ca. 5 km Straße kamen wir in die wunderschöne Altstadt mit etwas Kopfsteinpflaster. Leider war dies aber nur eine kurze Episode und dann ging die Strecke gerade Stadtauswärts. Jede 2,5km gab es eine Verpflegungsstation, so dass man sich keinerlei Gedanken über Wasser oder Iso machen musste. Auch da herrschte nie Gedränge, sondern man hatte eher das Gefühl, dass der Lauf für 5mal soviel Läufer organisiert war, wie tatsächlich angetreten sind. Abgesehen von einigen kleineren Gruppen gab es aber natürlich auch relativ wenig Zuschauer.
Das zweite Drittel des Rennens verläuft dann durch relativ langweilige Vororte mit Wohnblöcken aus den 60er Jahren. Dort schrumpfte etwas meine Motivation und ich ließ leider etwas Zeit liegen. Daher freute ich mich schon auf den hinteren Teil, der mit einem wunderschönen Park und sogar mit einem kurzen Blick auf Strand und Meer aufwarten konnte. Hier wartete auch wieder Barbara auf mich, so dass ich bei KM 35 sogar wieder etwas flotter laufen konnte. Der Mann mit dem Hammer kam also glücklicherweise nicht.
Mein Ziel Sub 4 lag damit im Machbaren, auch wenn natürlich die Beine etwas zwickten. Auf dem Weg vom Meer zurück zum Stadium galt es aber noch, mit einer Brücke einige Höhenmeter zu überwinden und mit einer letzten Schleife auch gegen den nun etwas aufkommenden Gegenwind zu laufen. Diese verlorenen Sekunden galt es für mich, auf den letzten 3 Kilometern wieder aufzuholen.
Zum Glück tat der Rückenwind ab KM 39,5 tatsächlich das Seinige und ich konnte sehr glücklich und quasi auf dem Punkt mi 3:59:10 finishen.
Dort wurde ich gleich vom Moderator in Empfang genommen und nach einem Finisherbier und dem Erhalt der schwersten Medaille, dich ich je bekommen hatte, wartete ich noch auf Woody. Der konnte auch erfolgreich in 4:17 durchs Ziel laufen.
Fazit: eine tolle Stadt und ein sehr gut organisierter Marathon, der optimal für solche ist, welche die ganz großen Massenevents meiden möchten, aber trotzdem einen kompletten klassischen Stadtmarathon genießen möchten. Preis-Leistung ist einfach topp und insgesamt eine tolle Alternative zu anderen April-Events.
Fotos in höherer Auflösung im Google-Album
Ich war damit immerhin 6. in der AK. Woody hat die Nationenwertung für Australien gewonnen.
Nachtrag: der unglaubliche Woody hat es sich nicht nehmen lassen, direkt nach dem Marathon noch die 400 Stufen des Tums der Marienkirche zu erklimmen und vor allem auch wieder runterzulaufen. Barbara und ich haben lieber die Sonne auf der Dachterasse des Hotels genossen.