Rennsteig-StartunterlagenAndere mögen Häuser bauen, Bäume pflanzen, Kinder zeugen und …, als Ultraläufer sollte man zumindest einmal den legendären Rennsteiglauf absolviert haben. Darüber waren sich zumindest sieben Mitglieder des ULT Heustadlwasser einig. Für Anne, Sofia, Sonja, Erwin, Martin K, Andreas und mich war er schon seit längerer Zeit als eines der absoluten Highlights des diesjährigen Laufjahres geplant.

 

Und letztes Wochenende war es soweit: der 43. Rennsteiglauf (72,7 km; ca. 1.800 Höhenmeter). Endlich! Fast hätte uns Läufer - die Läuferinnen reisten mit dem Auto an - allerdings noch die GdL (Gewerkschaft der Lokführer) mit ihrem Streik einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Leihauto war die letzte Rettung, um am Vortag des Starts von Würzburg nach Eisenach zu gelangen. Aber auch das geschafft.

9. Mai: Der Renntag!

Für uns SM-Absolventen (SM für Supermarathon) heißt das: 4 Uhr Frühstück, denn um 6 Uhr fällt der Startschuss. Anne, Sofia und Sonja haben hingegen da noch jede Menge Zeit, ihr Start ist für 9 Uhr vorgesehen. An einer ganz anderen Ecke des Thüringer Waldes, in Neuhaus. Nur das Ziel ist gemeinsam: Schmiedefeld.

5:15 Uhr. Wir sind schon am Startgelände. Viel zu früh, aber wegen des Parkens wollten wir auf Nummer sicher gehen. Smalltalk. Martin trifft mit Rene einen Bekannten, mit dem er zuletzt den Transgrancanaria gelaufen ist. Drei Vertreter des Laufwunder Steyr, Ernst, Georg und Fritz, kommen an uns vorbei. Immer wieder nett diese Zusammentreffen. Problematisch sind ein wenig die typischen Läufererleichterungsmöglichkeiten vor dem Start. Wir – und nicht nur wir! – machen nur ein einziges WC mit drei Kabinen aus, an dem auch noch 50 Cent verlangt wird. Also improvisieren. Details auf Anfrage. ;-)

Startvorbereitungen

Kurz vor 6 Uhr kleine interne ULT Heustadlwasser-Uneinigkeit, wo wir uns aufstellen sollen und wie schnell gelaufen werden soll. Also, eigentlich wie immer. Die Herren Erwin und Martin drängen nach vorne, Andreas ist es egal, ich will da bleiben, wo wir sind: „gesichertes“ Mittelfeld. Letztendlich passiert gar nichts mehr. Mit dem Startschuss wird dann aber sogleich auseinandergestoben. Martin und Erwin sind sofort weg. Andreas noch kurz neben mir zu sehen, um dann für mich auch als verschollen zu gelten. Auf Wiedersehen. Spätestens im Ziel.

Für mich ist das sehr ok. Will den Lauf einfach entspannt erleben, ein paar Fotos machen, Spaß haben. Das Wetter ist dafür schlichtweg ideal: Leicht bedeckter Himmel und immer wieder Sonnenschein.

Die ersten Kilometer gibt es Stau, auch weil gleich mal einige Höhenmeter zu absolvieren sind. Deutlich über einen 7 min/km-Schnitt cruisen wir hinauf. Normalerweise ist das Gift für meine Läufernerven, heute genieße ich es. Wir haben ja noch gut 65 km vor uns, da komme ich schon noch zum freien Laufen. Hin und wieder mache ich Fotos, wechsle einAuf der Rennsteigstrecke paar Worte mit meinen NebenläuferInnen, schon sind die ersten 20 km absolviert. Knapp vor der Zeitnehmung Inselsberg (km 25,5) taucht plötzlich und für mich unerwartet Martin vor mir auf. Die Körpersprache ist eindeutig. Er hat Probleme und will einfach in Ruhe gelassen werden. So wechseln wir nur ein paar Worte (Er hat Krämpfe in den Beinen und Probleme mit dem Magen) und ich laufe in meinem Tempo weiter. Auch während der nächsten km alles im grünen Bereich. Keine Probleme, Beine sind gut und locker drauf, die Verpflegungsstellen perfekt, die Menschen am Rand der Strecke feuern einen sogar an, wenn man ein wenig auf sie eingeht.

Knapp nachdem  wir den Marathon absolviert haben: „Bist du der Gastager aus Wien?“ Jetzt bin ich aber schon ein wenig überrascht, auf der Startnummer steht nur Wolfgang, also woher kennt der meinen Namen. Na ja, eigentlich ganz einfach, kurz davor gab es einen Moderator, der den einen oder anderen Läufer mit Namen und Herkunftsort begrüßt hat, ich war einer von ihnen. Also, …

Neue bLauffreundeSo laufe ich jetzt mit Christoph, er war der Fragende, und seinem Freund Torsten die nächsten Kilometer. Beides Lokführer. Aber nicht von der GdL. Das wäre vor dem Hintergrund unserer Anreise das Tüpfelchen auf dem I  gewesen. Wir haben jetzt echt Spaß. Plaudern über Gott und die Laufwelt. Sie hatten zuvor gerade den Wien- und den Salzburgmarathon absolviert. Die km rauschen nur so dahin. Fotos machen. Leute entlang der Laufstrecke anquatschen. Einfach nett.  Plötzlich taucht Erwin vor uns auf. Gehend. Das sieht nicht gut aus. Kurzer Wortwechsel, er hat Probleme mit dem Magen, „Übergaben“ scheinen für ihn nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Ich kann nichts tun für ihn und laufe mit den beiden weiter, km um km. Irgendwann bei einer längeren Steigung habe ich das Gefühl, jetzt machen sie mir zu viel Dampf, jetzt wird es anstrengender für mich. Darauf habe ich keine Lust, also verabschiede ich sie und lasse sie laufen. „Wir sehen uns im Ziel.“  Aber, weit gefehlt, 3-4 km später sehe ich sie schon wieder vor mir, nun deutlich langsamer. Komisch. Schnell habe ich sie wieder eingeholt, kurz bleiben wir noch zusammen, dann bin plötzlich ich es, der um einen Tick schneller läuft. Wir sollten uns bis zum Ziel nicht mehr sehen, aber ich habe Christophs E-Mailadresse auf der Rückseite meiner Startnummer stehen. Wir wollen in Kontakt bleiben.  In dieser Phase habe ich so ein wenig den Flow, es läuft.

Und endet abrupt mit einem Sturz. Nachlässig geworden, zu viel ablenken lassen, eine Unebenheit übersehen, schonVerletzung ist es passiert. Zwar alles mit den Händen abgefangen, aber der rechte Handballen blutet durch den Schweiß stark. Hauptsache den Beinen ist nichts passiert, daher alles gut. Bei der nächsten Versorgungsstelle lasse ich die Wunde versorgen. Großer Koffer aber keine Profis. Desinfiziert wird mit Mineralwasser, ein paar Tupfer drauf und mit Leukoplast abgeklebt. Trotz allem, völlig ausreichend. Nach ein paar km reiße ich mir das aber alles wieder herunter, da störend und die Blutung gestillt ist.

Grenzadler (km 54,7) ist die  nächste große Versorgungsstation, ein riesiger Platz, auf dem man fast ein wenig verloren ist. Ich nütze die Gelegenheit, um ausgiebig zu essen und zu trinken. Cola ist jetzt mein Favorit. Beim Essen bleibe ich eher bei der Eigenversorgung, nur nichts riskieren. Weiter geht’s. Nun befinde ich mich auf der Halbmarathon-Strecke. Am höchsten Punkt der Strecke, Großer Beerberg (980 üNN), so bei km 62, komme ich mit einem Hoechster PunktRennsteig-Mitarbeiter ins Gespräch. Ein paar Fotos. Toi toi toi von seiner Seite. Noch knappe 10 km. Und die gehen  – fast nur – bergab. Das mag ich so wie so. Bin froh, dass ich mir keinen Stress gemacht habe und daher noch immer das Cruising-Feeling habe. Unmittelbar vor dem Ziel beginne ich mir noch unsicher zu werden, wie lange die Strecke eigentlich ist, 72,7? 73,7? Ich weiß es einfach nicht mehr. Jedenfalls im Zielgelände herrscht jede Menge Betrieb und es scheint, als müssen wir noch eine Runde im Zielbereich laufen. Irrtum! Das sind die Marathonläufer, die da eine Schleife laufen. Ich „darf“ gleich ins Ziel. Geschafft! Wunderbar! Alles gut!

Nach mir kommen der Reihe nach auch Sofia, Anne, Sonja, Erwin, Martin und Andreas ins Ziel. Alle haben wir es geschafft. Die Frauen konnten selbst einen Wolkenbruch mit Hagelschauer nicht aus der (Lauf-)Bahn werfen, Erwin, Martin und Andreas kämpften sich in wahrsten Sinne des Wortes mit ihren Problemen ins Ziel. Sakra di.

Ob wir in den nächsten Jahren nochmals vorbeischauen werden?

Nach Zieleinlauf

Zu den Ergebnissen geht es hier.

Zu ausgewählten Bildern.

Bilder von Franz und Sofia (Danke!)

Bilder vom Veranstalter: Erwin Ostry, Andreas Übertrager,Martin Kubele, Wolfgang Gastager

 Bericht vom Laufwunder Steyr