Ich habe mir ja immer vorgenommen, mindestens einen Lauf im Jahr in der Schweiz zu absolvieren. Was liegt da näher, als den „Schönsten Marathon der Welt“, den Jungfrau Marathon anzugehen?

Die Anmeldung öffnet im Februar und die 5000 Startplätze sind nach kurzer Zeit vergeben. Für mich war in diesem heißen Sommer also Höhenmetertraining angesagt. Immerhin zeichnet sich der Jungfrau Marathon dadurch aus, dass nach 25 fast flachen Kilometern von Interlaken nach Lauterbrunnen, etliche steile Abschnitte bis auf die Kleine Scheidegg zu absolvieren sind, insgesamt 1830 positive und einige zu vernachlässigende negative Höhenmeter.

Die Anreise ist für meine Verhältnisse früh schon am Donnerstag nach Wengen, das auf der Strecke auf über 1200 müM bei KM 30 liegt. Am Freitag geht es dann mit meinem Support Alice erst einmal mit dem Zug nach Interlaken zur Startnummernabholung. Hier ist überaus positiv zu erwähnen: im Startgeld enthalten ist sowohl die Zugfahrt von einem belieben Punkt der Schweiz (bei mir Flughafen Zürich) bis an die Strecke und zurück innerhalb einer Woche rund um das Event sowie die Fahrt am Freitag zur Startnummernabholung. Selbstredend ist am Wettkamptag die Anfahrt nach Interlaken und die Rückfahrt von der Kleinen Scheidegg auch inklusive. Zusammen mit den Guddies rund um den Lauf (Rucksack, Shirt…) lohnt es sich also fast, sich anzumelden, selbst wenn man nicht laufen will.

Interlaken, die Stadt zwischen Thuner und Brienzer See, präsentiert sich bei schönstem Wetter mit Blick ins Lauterbrunner Tal bis zur Jungfrau. Die Straße vor dem Zelt mit dem Start ist schon gesperrt. Am Freitag finden noch kleinere Rennen und ein Handbikerrennen statt.

 

 

Es ist einiges los mit vielen Läufern, aber auch vielen asiatischen und amerikanischen Touristen. Die Startnummer ist schnell abgeholt, dazu gibt es zum Anlass des 25. Marathons einen Rucksack von Asics.

 

 

Wir treffen noch Michael Haase, auch aus Wien, und lassen uns Pacebänder für unsere Wunschzielzeit drucken.Bei mir sind es konservative 5:45h, alles unter 6h erscheint mir wunderbar. Ich kenne zwar den zweiten Teil der Strecke schon vom Juli, aber wie es mir nach den ersten 25km geht, kann ich kaum abschätzen. Auch sind sich leider alle Wetterapps einig: es wird regnen, in höheren Lagen kann es auch Schnee geben. Na servas.

 

 

 

Nach einer Pasta im Zelt fahren wir zurück nach Lauterbrunnen und genießen noch das Tal rund um KM20 mit den Wasserfällen. Am Ende sind wir am Freitag doch über 13km durch die Gegend gelaufen (sagt jedenfalls die App), also beste Taperingvoraussetzungen.

 

Am Wettkampftag, Samstag, nehmen wir den letzten offiziellen Zug um 7h von Wengen über Lauterbrunnen nach Interlaken, alles natürlich voller Läufer und Begleiter. Mir gegenüber sitzt ein Jungfrau-Marathon-Veteran, der den Lauf zum 10. Mal angehen wird. Ich hole mir letzte Instruktionen, wie schnell man das Rennen angehen kann, ohne sich „abzuschießen“, wohl ein typisches Phänomen.

 

In Interlaken sehen Alice und ich noch entspannt den Start der Elite um 8.30 an. Alles ist sehr Schweizerisch mit Alphornbläsern, Schweizer Hymne und Schweizer Fahnen. Der Blockstart erfolgt im 5-Minutentakt, so dass ich im Block 4 (von 6) pünktlich um 8:45 starten darf. Alles setzt sich ohne Hektik in Bewegung und es gibt keine Staus.

Die Stimmung ist großartig und in der großen Schleife durch Interlaken säumen viele Zuschauer die Strecke. Mir geht es blendend und ich muss mich zurückhalten, nicht dem 5:30 Pacemaker hinterherzurennen, sondern die Gruppe um ihn herum ziehen zu lassen. Die ersten 10 Km gehen nach Interlaken weiter kurz an den Brienzer See und dann ins Lauterbrunner Tal.

Es geht leicht dahin und es gibt immer wieder Zuschauer mit Kuhglocken, Musikgruppen, viele Kinder, die abklatschen wollen. Wir wechseln dann sogar von der Straße auf einen Wanderweg und laufen entlang des Flusses, den wir mehrmals über schöne kleine Brücken überqueren. Im zweiten Teil des Halbmarathons gibt es einige Höhenmeter (ca. 300) und es gibt sogar einen kleinen Teil Bergweg. Schneller als gedacht bin ich in Lauterbrunnen, wo wir von vielen Zuschauern begrüßt werden, die eine enge Gasse durch das Dorf bilden. Viele Anfeuerungen, hop hop, ist in der Schweiz der Schlachtruf.

Hinter Lauterbrunnen (KM20) laufen wir entlang der verschiedenen Wasserfälle und genießen den Blick. Dabei fällt es kaum auf, dass es ab KM5 angefangen hat zu regnen. Allerdings bleibt zum Glück der Wind aus und der Regen hält sich insgesamt in Grenzen. Nach der Kehre im Tal kommen wir zurück nach Lauterbrunnen und wir passieren den berühmten Punkt KM25.

Ein Wort zu den Kilometerangaben: Es gibt beim Jungfrau Marathon nicht nur Tafeln, sondern jeder volle Kilometer ist auch durch einen Flaggenmann oder einer Flaggenfrau markiert, die einen persönlich anfeuert. Dies ist angesichts des Wetters wirklich hervorzuheben, dies gilt nämlich selbst für KM40 auf der Moräne bei Wind und Wetter. Ich liege mit 2:28 bestens in der Zeit und freue mich nun auf die Höhenmeter. Dann kommt sie nämlich, die Wenger Wand, also der Wanderweg von Lauterbrunnen nach Wengen, der an Steilheit keine Wünsche offen lässt. Nun wechseln die Entfernungsangaben von 1km auf 250m, um die Läufer nicht zu frustrieren. Auch gibt es mehrere Physiostellen, wo solchen Läufern geholfen wird, die vom Wechseln vom Laufen auf steiles Bergaufgehen einen Krampf bekommen. Mir geht es weiterhin bestens und ich kann mit meinem Stechschritt einige Läufer überholen. Tatsächlich zeigt die spätere Detailauswertung, dass ich an dieser Stelle die meisten Läufer überholen konnte.

 

Nach einigen Kehren sehen wir auch schon Wengen, wo wir aber noch eine größere Schleife (meist) laufen, bevor wir durch den Ort kommen. Dort geht es auch mal kurz bergab und die Musik und Anfeuerungen der vielen Zuschauern tun ihres, um die Laune trotz des nun stärkeren Regens aufrecht zu erhalten.

Bei KM31 treffe ich nun auch wieder auf meinen Support Alice und ich wechsel von Laufschuhe auf Trailschuhe. Das kostet mich dann doch über 2 Minuten, aber in dem nun einsetzenden stärkeren Regen erscheint mir der letzte Teil der Strecke doch mit Trailschuhen etwas besser.

 

Nun geht es einen relativ breiten Wanderweg Richtung Wengernalp. Viele Gehpassagen und kurze Laufpassagen wechseln sich ab. Von der eigentlich schönen Landschaft ist leider nichts zu sehen. Die Jungfrau hat sich versteckt und auch das Lauberhorn liegt im Nebel. Immerhin sieht man einige Almen und die Kühe, also Schweiz pur.

 

Bei KM36 sehe ich dann zum zweiten Mal wieder den Pacemaker für 5:30 vor mir. Meine konservative Pace im ersten Teil hat sich also ausgezahlt: im zweiten Teil habe ich tatsächlich schon fast 15 Minuten eingeholt, trotz Schuhwechsel. Bald kommen wir dann gehend und laufend zur Schlüsselstelle Wixi. Dort geht es vom breiten Wanderweg auf den schmalen Bergweg und letztlich auf die Gletschermoräne Richtung Eigergletscher. Beim Wixi werden wir Läufer von Alphornbläsern und Fahnenschwingern begrüßt, die trotz Regen und Kälte bei bester Laune uns auf das letzte anstrengende Stück schicken. Angesichts des Nebels merke ich erst gar nicht, dass ich im ersten Teil auf der Alternativstrecke gelandet bin. Da nun alles Single Trail ist, werden bei Stau die Läufer auf zwei Strecken geschickt, die sich jedoch später auf der Moräne wieder vereinen.

Nach einigen steilen Stufen kommt es tatsächlich zum Stau, so dass nur noch sehr langsames Gehen möglich ist. Nach einer Weile treffen wir wieder die anderen Läufer und ich treffe genau nun den Pacemaker für 5:30. Nun steht allerdings alles. Ein Grund ist auch, dass auf der berühmten Moräne von jedem ein Foto gemacht wird. Aber insgesamt gibt halt einfach der langsamste Läufer die Pace vor.

 

 

Mir ist es gleich, weil ich weiß, dass wir nun bald bei KM40 sind. Es kommt zu der einen oder anderen Unterhaltung. Mein Rasante Tanten-Shirt fällt auch mal wieder auf. Der einzige Nachteil ist die Kälte, die man angesichts des Wartens nun doch spürt. Endlich hören wir aber den berühmten Dudelsackspieler, der den höchsten Punkt des Rennens markiert. Trotz des Dauerregens steht er wirklich da und spielt unentwegt. Applaus der Läufer (wärmt auch die Hände). Die letzten 1,5km gehen nun auf einem Bergweg bergab. Helfer warnen, dass wir angesichts der glitschigen Steine nun nichts mehr riskieren sollen. An einer Stelle stehen sogar Helfer bereit und reichen ihre Hand, dass die Läufer nicht stürzen.

Die letzten 500m gehen aber sehr entspannt und gesäumt von vielen Zuschauern ins Ziel auf die Kleine Scheidegg. 5:32, euphorisch genieße ich die letzten Meter. Großartig! Es stimmt halt schon, dass jeder Finisher ein Sieger ist.

 

Dort gibt es eine Medaille, ein Finishershirt, eine Trinkflasche und eine riesige Schweizer Schokolade und die Gewissheit, dass man einen wundervollen Lauf absolvieren durfte.

 

Das einzige Manko: angesichts des Regens wollten alle wieder schnell zurück, also alle Läufer, Zuschauer und sonstige Touristen, die ja auch vom Jungfraujoch kamen. Ich musste also fast 30 Minuten auf die Bahn warten. Die Bahn, die wir dann nehmen konnten, brachte auch gerade solche Läufer zur Kleinen Scheidegg, die die Cutoff-Zeiten am Wixi nicht geschafft hatten. Die Enttäuschung stand allen im Gesicht geschrieben.

Nach einer heißen Dusche war die Warterei und Kälte schnell vergessen. Die Afterparty in Interlaken habe ich mir dann allerdings gespart.

Den Lauf konnte ich von Anfang bis zum Ende genießen. Es gab mehr Zuschauer als erwartet und viel zu sehen an der Strecke. Der Schuhwechsel und die Warterei auf der Moräne haben eine Zeit unter 5:30 verhindert, aber das ist einerlei. Es ist selbst bei schlechtem Wetter einer der schönsten Marathons der Welt. Mir ging es nach dem Lauf so gut, dass ich die nächsten drei Tage für Wanderungen mit etlichen Höhenmetern nutzen konnte und alle schönen Dinge inklusive Eiger, Mönch und Jungfrau auch tatsächlich zu Gesicht bekommen habe.

Danke an meinem Support Alice und an alle Mitläufer in den letzten Monaten, dass dieser Lauf für mich so zum Erlebnis wurde!

 

 

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