Vor 18 Jahren habe ich in Turin meinen ersten Marathon bestritten, wenige Wochen nach dem Tod meiner Mutter und mit dem Ziel, unter vier Stunden zu bleiben. Am Start waren es 1020, ich wurde in 4:56:05 Stunden auf Platz 931 klassiert. Zu groß die Emotionalität, zu abwesend meine Gedanken, zu öde der Kurs, der aus dem Zentrum hinaus in die Peripherie führte und erst für die letzten paar Kilometer in die erste Hauptstadt Italiens (von 1861-1865) zurückkam.
Damals arbeitete ich im Bereich Medienmanagement für die Fecht-Weltmeisterschaften 2006, heute bin ich in Turin, weil ich mit einem jungen, engagierten Team die World University Winter Games vorbereite, die im Januar stattfinden. Ehrensache also, erneut den Turin Marathon zu bestreiten, der sich nunmehr City Marathon nennt und vom Namen her attraktiver klingt als sein Vorgänger vor zwei Jahrzehnten.
Turin mit seinen knapp 900.000 Einwohnern ist eine wunderbare, beschauliche Stadt, bietet Kultur und Natur und Plätze, die die Historie des Landes mitgeschrieben haben. Start- und Zielbereich befinden sich in Piazza Castello, die engagierten Organisatoren haben sich ordentlich ins Zeug gelegt, um den Finishern einen würdigen Zieleinlauf zu ermöglichen. Überhaupt: großes Lob an die Veranstalter, die für perfekte Streckenmarkierung, üppige Verpflegungsstationen und viele aufmunternde Worte sorgten!
Leider erinnert der Streckenverlauf da und dort an jenem von 2006. Aus der Stadt geht es wieder raus ins Nirgendwo, zweimal wird die Autobahn gekreuzt, es gibt einige Pendelstrecken zu viel, und die Ausrufezeichen Turins wie der „Wolkenkratzer der Region“, wie die Mole Antonelliana, wie das Fußballstadion von Juventus Turin werden links liegen gelassen. Es muss ja nicht gleich die Basilika von Superga sein, denn diese brächte auch einige hundert Höhenmeter am Stück mit sich.
Vielleicht jammere ich hier einfach nur den Leser und die Leserin voll, weil es einfach nicht mein Tag war. Jede Wette, dass ich in der Nacht zuvor nicht nur einen kratzenden Hals, sondern auch Fieber hatte, jede Wette, dass ich das Tapering am Freitag zu schnell angegangen bin (statt 6:20 mit sub-6 min/km), jede Wette, dass das viele Gewicht, das ich aktuell mit mir rumschleppe, und der verhasste Asphalt ihre Auswirkungen auf Waden, Knie und Hüften hatten.
Bis Kilometer 26 war ich mit meiner Pace zufrieden. Bis Kilometer 36 wollte ich sicher fünf Mal aus dem Lauf aussteigen, besonders dann, wenn die Pacer für eine 4:30 Stunden-Endzeit und eine 4:45 Stunden-Endzeit regelrecht an mir vorbeiflogen.
Doch dann behielt wieder einmal das trotzige Kind in mir die Oberhand, ich fluchte und schwor gleichermaßen, dass ich ins Ziel kommen würde, und wenn dies mein letzter Straßenmarathon sein sollte.
Bei Kilometer 40 oder so hatten mich die Pacer für eine 5 Stunden-Endzeit eingeholt, an diese klammerte ich mich fest und erreichte das Ziel.
Mit 4:59:56 Stunden und als 2424. von 2517 Gewerteten bin ich alles andere als zufrieden. Aber was soll’s. Ich habe mich durchgebissen, habe durchgehalten, das Rennen beendet. Die Finishermedaille ist eh schön. Und wenn ich zurückbliche auf 2006, dann habe ich mich kaum verschlechtert – ja: ich kann mir alles auch schönreden.
Valide Marathontipps sollte man sich von mir keine erwarten. Dafür haben wir aber mit Robert Weihs, der quasi zeitgleich den Marathon-Wettbewerb beim 2. Adventlauf des ULT Tulln gewann, einen wahren Experten im Verein. Gratulation zu seinem Erfolg und zu all den anderen herausragenden Leistungen unser Heustadlwasser-Athlet:innen!